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Auf beeindruckend tiefschürfende Weise, voller Empathie für ihre Figuren und mit einem präzisen Sprach- und Symbolgefühl vermag sich
Myriam Keil in unterschiedlichste Lebens- und Gedankenwelten zu versenken. [...] Dabei genügen Myriam Keil Details, um die aus den Fugen geratene Welt
ihrer Protagonistinnen zu schildern. Sie entwirft Heldinnen, die sich ihrer Schwächen ganz bewusst sind und gerade daraus ihre Stärke beziehen.
Überspitzte Reaktionen auf extreme Situationen und Erlebnisse interessieren sie, und ihre Porträts von Suchenden und Verlorenen sind in einem fast
atemlosen Ungestüm geschrieben, in einer beinahe distanziert schildernden Prosa, die den Leser direkt hineinführt in die seelischen Abgründe der Protagonisten.
Warum soll man's "keep it simple" machen? Hier ist eben sehr viel. Hier ist eine Kreiselbewegung. Hier ist ein Blick, als würdest du
auf einem Kettenkarussell mit vielen Eindrücken... oder auf einem - weiß der Kuckuck, was heute die modernen Geräte sind - also,
auf jeden Fall schnelle Schnitte, die die Bilder assoziieren. Und wenn ein Bild dem anderen folgt, das nicht sofort dir privat in einen assoziativen
Kontext passt... so what?
Wenige Sätze genügen, um einen dunklen Blick unter die Oberfläche der ritualisierten Familienharmonie werfen zu können. Humorlos
sind Keils Texte ganz und gar nicht, nur verpackt sie diesen ihren ganz eigenen Humor ganz nordisch in feine Ironie, die sich unter dem
kühlen Lack ihrer Geschichten verbirgt.
Worte werden hier zu Seziermessern, in Sätze gepackt, die mit Antiseptikum getränkt scheinen.
... die vorderste Riege junger deutschsprachiger Lyrikerinnen und Lyriker, zu denen ich heute unter anderen
Nora Bossong (Verlag zu Klampen, Springe), Karin Fellner (yedermann-Verlag, Riemerling) und Myriam Keil (fza-Verlag, Wien) zählen möchte.
"Ich wundere mich oft, dass mancher Lyriker in seinen Gedichten weit weniger Vernunft zeigt als in seinen sonstigen Äußerungen",
hat Brecht einmal notiert. Die Gedichte von Myriam Keil schlagen an Stellen, wo das Gefühl lauert, eine rationale Richtung
ein. Es sind kluge Gedichte, die den Leser weniger berühren als anstoßen. Ein überraschend harter Ton wird angeschlagen,
einer, der Resonanz fordert. So kann man sich auch die Autorin als Beobachterin vorstellen: Sie verwandelt, was sie sieht,
in unsentimentale Bilder, woraus wiederum eine Art analytischer Kommentar entsteht. Beobachten wird zur Teilhabe,
Beschreiben zum Eingriff. In dieser Transformation liegt die Kunst dieser Gedichte.
Myriam Keil drückt in ihren Gedichten das Leben ohne Schnörkel, aber sehr poetisch aus. Sie verwendet ungekünstelte
Worte, die sie treffend neu arrangiert. Sie beschreibt Nähe auf unausgetretenen Pfaden, mit der Wellenlänge unbekannter Farben,
die sie freudvoll erwärmt. Die kritische Erkenntnis vom eigenen Ich wird ohne Belehrung transportiert. Sie drückt eine
Zärtlichkeit aus, die sich nie aufdrängt, die hinaus wächst über alles persönliche Erleben. Der Weg ist glaubhaft,
bedarf keiner Formel.
Die Hamburgerin Myriam Keil (erster Preis ex aequo) bleibt mit ihren "Fünf Stadien einer Grenzliebe" im engeren Bereich der
persönlichen Beziehungen, ebenfalls konfliktbedroht, aber gleichzeitig einer individuellen Sinngebung offen. Auch die deutsch-polnische
Grenzliebe scheitert, aber hier immerhin mit der Perspektive der möglichen Sublimierung des Leids zu größerer Persönlichkeitsreife.
"Vertraut im abschied nehmen" - eine verszeile, die man sich gerne mitnimmt, genauso
wie "anfällig für trost" zu sein. Es mag ein zeichen spezifisch weiblicher sensibilität
sein (& das meine ich ohne einen funken sexismus), ein kleinst-vokabular für stimmungen,
empfindungen & was sie im jeweiligen kontext zu bedeuten haben, allzeit parat zu haben & treffsicher
einsetzen zu können. All das, & wie es sein muss, aufs knappste ver"dichtet", bietet dieses
lyrische kammerstück, das seinen finger auf die (allzu) vielen wunden punkte legt, die alle
arten von beziehungen erzeugen oder hinterlassen.
Die größte Gefahr, die einen erwartet, wenn man sich als Autor in einen Themen-Dschungel
vorwagt, der bereits von Unzähligen zuvor erforscht und auf tausend verschiedene Arten
beschrieben worden ist, wird zweifellos die große Familie Schriftstellerfresser sein, deren
Mitglieder sich unter anderem aus den Herren und Damen "Klischee, Stereotyp oder Banalität"
zusammen setzen, sich unter jedem Stein, hinter jedem Busch und auf jeder Baumkrone verstecken
und nur darauf warten, dass ihnen einer mittels Worten in die Falle geht. Das weiß auch Myriam
Keil, die, sehr lesbar noch dazu, dem ganzen bewusst aus dem Weg geht, indem sie zwischen den
Perspektiven wechselt und sich dabei auch eine gewisse unerlässliche Portion Ironie bewahrt.
Denn wir haben sie sehr geliebt, auch wenn sie leise war!
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© 2022 Myriam Keil
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